Unsere Hexe kam aus einer Notlage zu uns. Sie war ein keckes und bindungsloses kleines Hundemädchen auf kurzen krummen Beinchen, das zahlreiche Verhaltensprobleme mit sich brachte. Hexe bescherte uns im Laufe der Jahre viel Freude und übergoss gerade mich mit sehr viel Liebe und Zuneigung. Männern gegenüber war sie eher vorsichtig. Dies sollte später eine wichtige Rolle spielen. Hexe begleitete mich einige Jahre durch meinen Alltag und bereicherte diesen.
Es macht tatsächlich keinen Unterschied, ob es der erste oder der zehnte Hund ist, der von dir geht. Der innere Schmerz und die Trauer variieren nicht erheblich voneinander. Abschied bedeutet meistens Verlust von etwas für uns sehr Bedeutendem.
Seele, Geist und Körper sind eine Einheit. Die Natur hat uns diese Einheit geschenkt, mit der wir sorgsam umgehen sollten. Diese Sorgfalt bezieht sich auch auf die Verantwortung unseren Haustieren gegenüber.
Die Erfahrung der körperlichen Veränderung und somit des langsamen körperlichen Verfalls lehrt uns, dass wir gute Beobachter werden müssen, um wenn möglich, ein zu erwartendes Leid schnell zu begreifen und dessen Folgen abzumildern. Nur so können wir das Leid und mögliche Schmerzen unserem Hund erträglicher machen.
Im Gegensatz bei einem Unfall oder plötzlichen Tod ist das Sterben und der Prozess des Sterbens unweigerlich mit langsamer oder schneller körperlicher Veränderung bzw. körperlichem Verfall verbunden.
In den letzten zwei Jahren ihres Lebens veränderte Hexi sich sehr stark. Wir wurden Dauerpatient unserer Tierärztin. Während sie früher völlig bindungslos durch die Welt jagte, hing sie plötzlich wie eine Klette an mir. Sie magerte ab. Oft zitterte ihr Körper und sie stand steif da. Im Laufe der letzten beiden Jahre wurde sie blind und taub. Dies führte zu Situationen, die ich nicht gern noch einmal erleben möchte. Als wir durch einen ihr vertrauten Park spazierten, schnüffelte sie vor sich hin. Plötzlich rannte sie panisch los, da sie scheinbar das Gefühl hatte, mich nicht mehr zu finden und verlassen zu sein. Die Angst war sehr groß, da sie mich nicht sah und mein Rufen auch nicht hörte und ich Angst hatte, dass sie auf die starkbefahrene Strasse gelangen könnte.
Die ersten Kreislaufkollapse mit völligem Bewusstseinsverlust kamen nach und nach. Meine geliebte Hexe kippte einfach vor meinen Augen um und kotete ein. Sie war nicht ansprechbar. Einige bildgebende Herzuntersuchungen ergaben, dass ihr Herz für mehrere Sekunden (etwa alle 15 sec.) einen AV-Block hatte, was einem Herzstillstand gleichkommt. Nun konnte ich mir das plötzliche Steifwerden und die Starre erklären, die sie schon seit längerer Zeit hatte. Zu den bestehenden Symptomen kam eine schmerzhafte Arthrose der Gelenke hinzu sowie eine gesteigerte Aggressivität. Von Männern der Familie ließ sie sich in ihren desorientierten Zuständen nicht mehr anfassen und reagierte mit Rückzug und hoher aggressiver Bereitschaft in Form von Knurren, Zischen, Fletschen, Beißen. Nur noch der Geruch meiner Haut stimmte sie mild und sie ließ sich aus der unglücklichen Situation befreien. Sehr wahrscheinlich reagierte sie so auf Männer, da sie in ihrer Jugend schlechte Erfahrungen mit diesen gehabt hatte, anders konnte das nicht erklärt werden.
Kurze Zeit später wurde sie inkontinent. Das so saubere Hundemädchen ertrug es nicht, sich auf ihrem heißgeliebten Platz einzunässen. Sie stand dann auf und konnte sich in ihrer Desorientierung nicht mehr beruhigen, obwohl die Unterlage erneuert wurde.
Für uns war klar, unser kleines Hexenmädchen sollten wir von diesem Leid erlösen. Es war eine der traurigsten Entscheidungen, die aus Fürsorge und Respekt getroffen werden musste. Es war an der Zeit, das zarte Hundemädchen von ihrem Leid zu erlösen, unabhängig von meinem ethisch-medizinischen Background und allen anderen Überlegungen, die letztendlich nur das Leiden verlängern.
Hexes Leiden wurde von mir akribisch schriftlich festgehalten und mit unserer Tierärztin besprochen. Dies gab mir selbst einen besseren Eindruck und Überblick über den ablaufenden Prozess und verhinderte letztendlich aufgrund des schriftlichen Überblickes eine falsche Erwartungshaltung, dass alles nur ein subjektiver Eindruck sei und der Zustand meines kleinen Hundemädchens sich schon bessern wird. Der Zustand besserte sich nicht, es wurde nur noch schlechter, so dass wir gemeinsam entschieden, Hexe über die Regenbogenbrücke gehen lassen zu müssen.
Nötige Vorbereitungen:
– Es ist zu empfehlen, die nötigen Vorbereitungen einzuleiten, bevor man selbst in eine zu tiefe Trauer des Abschiedprozeßes fällt.
– Entscheidend war für uns, mit unserer Tierärztin zu besprechen, dass Hexe in ihrer gewohnten Umgebung, sterben darf. Sie sollte in unseren Armen und auf ihrer Decke einschlafen.
– Es wurde geklärt, wie eine medikamentöse Sedierung einzuleiten ist, um dann letztendlich den Tod herbeizuführen.
– Ferner sollte entschieden werden, was mit dem toten Körper geschehen sollte.
Wir haben uns für eine Einäscherung und Mitnahme der Urne entschieden.
Den Gang über die Regenbogenbrücke machte sie am 12.3.2021 um 17:20.
Unsere Trauer war unendlich groß. Nach wie vor vermissen wir unsere Hexe.
Adieu mein kleines Hexenmädchen.